Alle paar Wochen wieder versuche ich mir einen Überblick über Bewegungen in der Blogosphäre mit besonderem Blick auf das Thema Wissenschaftskommunikation zu verschaffen. Ich verlinke ja hin und wieder einmal auf Beiträge, auf die ich in Blogs stoße. Mit diesem Beitrag möchte ich aber mal ein wenig genauer meine Quellen zum Thema vorstellen Blog – sozusagen mein eigenes Blogradar Wissenschaft(s)kommunikation.Warum also nicht mal öffentlich und an dieser Stelle? Probieren wir es doch mal – here we go.
Definition
Wissenschaftskommunikation ist bereits vielerorts definiert und beschrieben worden. Mittlerweile führt der Wikipedia-Artikel die verschiedenen Aspekte der zahlreichen Definitionen ganz gut zusammen:
Wissenschaftskommunikation beschreibt die Vermittlung von Themen aus Forschung und Lehre gegenüber unterschiedlichen Öffentlichkeiten und umfasst sowohl Wissenschaftsjournalismus und Social-Media-Plattformen wie Wissenschafts-Blogs als auch Wissenschafts-PR und Wissenschaftsmarketing. Gerade im Bereich der Angewandten Forschung sowie im Hinblick auf Technologietransfer bestehen außerdem Parallelen zur Innovationskommunikation. Die Ziele der Wissenschaftskommunikation sind so vielfältig wie deren Bezugsgruppen: Von der Schaffung breiter gesellschaftlicher Akzeptanz für neue Technologien über interdisziplinäre Synergien bis zum gezielten Wissenstransfer und Dialog zwischen Forschung und Wirtschaft. (Quelle: Wikipedia)
Fromm’sche Spezifikation
Nun ist es gar nicht so einfach in der weiten Netzwelt Anlaufstellen zu finden, die sich ausschließlich mit dem Thema Wissenschaftskommunikation auseinandersetzen. Aber das wäre ja auch langweilig. Deshalb habe ich mein Suchraster um die Verknüpfung von Wissenschaft und Kommunikation erweitert. In diesen Bereich fällt beispielsweise auch der Einfluß von Kommunikationstechnologien auf die Arbeit von Wissenschaftlern und Wissenschaftskommunikatoren – Stichworte sind hier Transparenz des Forschungsprozesses, Crowd Reviewing, Wissenschaftliches Publizieren und vor allem auch die Öffnung des Wissenschaftsprozesses (Open Science im Sinne von Open Innovation in der Wissenschaft). Wenn ich alle meine Zielbegriffe verorte und mir die entsprechenden Seiten anschaue, kann ich grob eine Unterscheidung treffen in:
- Kategorie I: Websites, zumeist Blogs aus der Wissenschaftswelt (bloggende Wissenschaftler, oder Kommunikatoren in Wissenschaftsorganisationen)
- Kategorie II: Websites, zumeist Blogs von wissenschaftsorientierten Bloggern/Kommunikatoren
- Kategorie III: Websites von Organisationen (Unternehmen, Unis, Agenturen), die einen thematisch relevanten Content-Bereich aufweisen – unabhängig davon, ob diese Bereiche sich nun News, Aktuelles, Links oder wie auch immer nennen
So, genug der Vorarbeit. Nachfolgend habe ich eine Liste zusammengestellt, die (aufgegliedert in die zuvor benannten Kategorien) mein Informationsradar Wissenschaft(s)kommunikation aufzeigt – und sich übrigens sehr stark an meinem Feed-Reader (ja, ich bin bekennender RSS-Fan) orientiert. Die Liste ist mit Sicherheit noch nicht vollständig, zumal sie a) nur die Websites auflistet, auf denen auch merklich Aktivität stattfindet und b) sich vorerst auf deutschsprachige Angebote kapriziert.
Kategorie I
- auf Astrodicticum Simplex bloggt Dr. Florian Freistätter – promovierter Astronom und Forscher (über die Dynamik extrasolarer Planeten und die Probleme virtueller Observatorien) – hauptsächlich zu astronomischen und astrophysikalischen Themen. Allerdings kommt auch immer mal wieder das Thema 2012-Das Jahr der Apokalypse auf die Agenda, oder er setzt sichmit Phänomenen wie Twitter & Co. und ihrem Nutzen und Auswirkungen für die Wissenschaft auseinander (so z.B. hier und hier).
- auf dem Fischblog bloggt Lars Fischer – studierter Chemiker und Chemielaborant, Betreuer der Blogplattform SciLogs.de und Redakteur bei spektrumdirekt.de – hauptsächlich zu Themen aus der Chemie und der Materialwissenschaft, aber auch hin und wieder einmal zum Wissenschaftsjournalismus im engeren und der Wissenschaftspublizistik und -kommunikation im weiteren Sinne.
- auf Wissenswerkstatt.net bloggt Marc Scheloske aka @werkstatt – Sozialwissenschaftler, Bloggerund Journalist – hauptsächlich zu Wissenschaft, Pop- und Blogkultur. Neben naturwissenschaftlichen Themen beschreibt er auch immer mal wieder Effekte, die Twitter & Co. auf die Wissenschaftswelt haben können und macht sich darüber hinaus auch noch die Mühe und rankt Wissenschaftsblogs, oder listet twitternde Wissenschaftler auf.
- auf Chrisp’s Virtual Comments bloggt Christian Spannagel – öffentlicher Wissenschaftler und Juniorprofessor am Institut für Mathematik und Informatik der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg – hauptsächlich über das Lernen, das Lehren und den Spagat als Wissenschaftler zwischen Lehre und Forschung. Er veröffentlichte im Übrigen sogar eine Bastelanleitung für die öffentliche Wissenschaft.
- auf olivertacke.de bloggt eben jener Oliver Tacke – wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Organisation und Führung der TU Braunschweig – hauptsächlich zum Thema „Lernen durch Lehren“, schreibt aber auch immer mal wieder spannende Beiträge zur Wissenschaft an sich.
- auf Euroscientist.com, dem Blog der Initiative Euroscience – einer europäischen Gesellschaft zur Förderung von Wissenschaft und Technik – bloggen verschiedene Autoren zu den vielfältigsten Forschungsthemen aus den Weiten der Europäischen Union. Die große Perspektive sozusagen.
- auf Gute Stube bloggt Carsten Könneker – Chefredakteur von Gehirn&Geist sowie von epoc – zu interdisziplinären Themen. Ihm geht es maßgeblich „…um das Verhältnis von Natur- und Geisteswissenschaften sowie das Wechselspiel von Wissenschaft und Öffentlichkeit ganz allgemein.“ Er hat übrigens eine sehr informative Serie in Form von Schreibtipps für die Wissenschaftskommunikation erstellt.
- Interactice Science ist das Gruppenblog des „Forschungsverbund Interactive Science – Interne Wissenschaftskommunikation über digitale Medien„, dessen Blog wissenschaftskommunikation.info gleich mit empfohlen sei. Hier wie da werden die Implikationen von verschiedenen Kommunikationsmitteln für die Wissenschaft dargestellt. An dieser Stelle soll auch gleich noch auf die Steckbriefe im Rahmen des Projekts “Interactive Science” hingewiesen: Wissenschaft in Wikipedia und anderen Wikimedia-Projekten (Steckbrief 2, pdf) und Microblogging und die Wissenschaft. Das Beispiel Twitter. (Steckbrief 4, pdf).
- unter Wissenschaft und neue Medien (digiwis) widmet sich Wenke Richter – seit 2010 freiberuflich im Bereich Wissenschaft und Publizieren im digitalen Zeitalter unterwegs (u. a. für den Ulmer Verlag) – der Veränderung der Rahmenbedingungen für die Wissenschaft durch Informationstechnologien. Wie Wenke selbst schreibt: „Schwerpunkte sind bei den Themen: Open Access, elektronisches Publizieren, wissenschaftliche Hilfsmittel, Kommunikationsformen und das Verlagswesen.“ Ich komme hier immer auf meine Kosten.
- steter Quell von Informationen zu Forschungsergebnissen aus dem eigenen Hause, aber auch zu größeren Themen und Zusammenhängen in der Wissenschaft (und der Wissenschaftskommunikation) sind die sehr umtriebigen Kolleginnen und Kollegen vom DLR, die neben der Website auch mit Blogs (ich selbst folge vor allem dem Komm-Blog), Facebook, diversen Twitteraccounts (DLR_de, DLR_next, Henning Krause, Marco Trovatello) und nun in Zusammenarbeit mit der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA) und unter der Moderation von Tim Pritlove (Twitter) auch mit einem eigenen Podcast-Projekt Raumzeit aufwarten können. In diesem Zusammenhang sei auch kurz auf Andreas Schepers (Twitter) verwiesen, der „…aktuell als Communication Officer für die ESA (European Space Agency) am ESOC (European Space Operations Centre) tätig“ ist und auf Glück Auf! zu den verschiedensten Themen bloggt (Reisen, Musik, digitale Kultur, Medien, soziale Netzwerke, Social Media und PR 2.0) – Andreas hat des öfteren mal erhellende Beiträge zum Thema Wissenschafts-PR.
Kategorie II
- auf Welt am Sonnabend bloggt Michael Sonnabend aka @earl_piggot – hauptberuflich Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (Twitter) – hauptsächlich zu wissenschafts- und bildungspolitischen Themen, aber auch zu „…Medien, Wirtschaft, Politik und Gedöns.„
- auf [sic] Science & Innovation Communication bloggt Alexander Gerber – Geschäftsführer des innokomm Forschungszentrums für Wissenschafts- und Innovationskommunikation, von Hause aus Journalist, Fachbeirat Wissenschaft des DFJV und des HPC, Vize der TELI in Berlin, WPK-Mitglied und Vertreter in der Euroscience Working Group „Science Communication“ – hauptsächlich zu Themen der Wissenschaftskommunikation, der Innovationskommunikation und Forschungstransfers. Alex Gerber hat 2009 die Trendstudie Wissenschaftskommunikation ins Leben gerufen, die mittlerweile vom W-i-D und dem Stifterverband gefördert wird.
Kategorie III
- Wissenschaft im Dialog (Facebook, Twitter) hat es sich als Initiative der deutschen Wissenschaft zum Ziel gemacht den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu stärken und den Austausch und die Diskussion über Forschung in Deutschland zu fördern. Neues und Aktuelles zum Thema Wissenschaftskommunikation findet sich immer mal wieder in den Rubriken „Wissenschaft persönlich“ und „Aus dem Netz gefischt„.
- der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. (Twitter) ist ebenso stets eine veritable Quelle für Informationen aus, und rund um die Wissenschaft, die Wissenschaftsorganisationen und die Wissenschaftskommunikation. (Leider erlaubt die Website keine Permanent Links, daher muss ich an dieser Stelle auf eine Verlinkung im Einzelnen verzichten. Sorry, lieber Stifterverband!)
- auch die TELI e.V. – Journalistenvereinigung für technisch-wissenschaftliche Publizistik führt einen Blog, auf dem verschiedene Autoren den Wissenschaftsjournalismus und die Wissenschaftsdebatte kritisch beleuchten und hinterfragen.
- der Raabe Verlag betreibt die Plattform Wissenschaft-kommunizieren (auch bei Facebook) als Online-Bibliothek für Kommunikationsprofis, Forscher und Wissenschaftsmanager. Auf dem Fundstücke-Blog finden sich immer mal wieder interessante, nützliche und hilfreiche Häppchen.
- selbst der Heise-Verlag bietet mit Telepolis eine Anlaufstelle (Rubrik Wissenschaft), die ich zumindest regelmäßig konsumiere, wenngleich es selten wirklich Aussagekräftiges gibt.
So, soweit zu einem (vielleicht ersten) Teil meines Informationsradars. Sicher werden die meisten von Euch die hier aufgelisteten Blogs und Websites kennen, aber vielleicht ist für den ein oder anderen doch noch eine Neuigkeit dabei.
Übrigens bin ich natürlich auch immer dankbar für weitere Vorschläge in den Kommentaren – Empfehlungen für Input nehme ich also gern entgegen!
UPDATE (1):
Da habe ich mich wohl etwas verzettelt und glatt eine Quelle auf jeden Fall vergessen: wisspub.net. Dieses Gemeinschaftsblog ist aus meiner Sicht eine Mischung aus den Kategorien I und III, denn es vereint die Sicht von Wissenschaftlern (Kategorie I) und Bibliotheken (eher Kategorie III). Wisspub.net ist ein „Gemeinschaftsblog zu wissenschaftlicher Kommunikation im Netz„, in dem es maßgeblich um Open Access, Digitale Bibliotheken, Peer Review, Informationsmanagement und -archivierung sowie um Wissenschaftskommunikation geht.
NACHTRAG:
Ich hab gerade noch einmal mit dem Google NGram Viewer herumgespielt und die 3 Begriffe Wissenschaftskommunikation, Wissenschafts-PR und Wissenschaftsjournalismus gegenübergestellt. Hier das Ergebnis:
Bildnachweise:
We've picked something up on radar! by Don Solo (cc by-nc-sa 2.0)
eigene Google NGram-Abfrage (19.01.2011)
Danke für den Hinweis auf wisspub.net!
Der Schwerpunkt unserer Beiträge liegt auf dem Themenfeld „scholarly communication“.
Der zitierte Wikipedia-Artikel „Wissenschaftskommunikation“ unterschlägt leider, dass es zwei Dimensionen des Begriffs Wissenschaftskommunikation gibt, die im Englischen durch zwei unterschiedliche Begriffe beschrieben werden:
„scholarly communication“
http://en.wikipedia.org/wiki/Scholarly_communication
und
„science communication“
http://en.wikipedia.org/wiki/Science_communication
Viele Grüße,
Heinz Pampel
Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Kommentar und den Hinweis auf die Differenzierung, lieber Herr Pampel!
Da sollte ich wohl mal den Artikel in der Wikipedia editieren. Ich schreibe es mir zumindest mal auf die Liste!
Auf Plan3t.info sind ca. 100 Blogs aus dem Informations- und Bibliotheksbereich aggregiert (u.a. auch Wisspub), von denen sich ein deutlicher Teil (auch) der wissenschaftlichen Kommunikation widmet. Open Access ist Dauerthema.
Hallo Christian,
danke Dir für den Hinweis auf Plan3t.info – hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Schöne Ressource!