Am kommenden Wochenende findet in Berlin, genauer gesagt im co-up Coworking Space, das 3. SciCamp von Wissenschaft im Dialog statt und ich gehe hin. In diesem Blogbeitrag möchte ich meine persönliche Vorbetrachtung darlegen.
Was das SciCamp ist?
Das Scicamp zum Thema „Wissenschaft im Netz“ beschäftigt sich mit der Frage, wie Wissenschaft im Internet präsentiert und vermittelt werden kann und welche Möglichkeiten das Internet der Wissenschaft bietet.
Dabei soll nicht (mehr) über Sinn und Unsinn von Social Media geredet werden. Vielmehr geht es um gute Inhalte und Möglichkeiten, die das Internet nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der Wirtschaft, Kunst und Kultur, sowie der Kreativ- und Webszene bietet. Die Veranstaltung dient dem ressortübergreifenden Erfahrungs- und Ideenaustausch der Teilnehmer.
Den genauen Ablaufplan und die konkreten Inhalte der Veranstaltung bestimmen die Teilnehmer selbst vor Ort. Ihr kennt interessante Leute mit spannenden Themen, über die ihr gerne mehr erfahren und diskutieren möchtet? Ladet sie ein, denn das Scicamp lebt von eurer aktiven Teilnahme!
Ich hab hier im Blog ja schon in diversen Beiträgen bemängelt, dass die Wissenschaft das Potential das das Netz bietet nur geringfügig ausnutzt. Schade eigentlich, denn die Vielfalt der Aktionen ist nahezu unendlich. Klar muss man sich da erst reinfinden, das Potential entdecken und für sich entscheiden in welcher Form einem das zuträglich sein kann, oder auch nicht. Da hat sich in den vergangenen Jahren auch einiges getan und wir sehen hier und da tolle Aktionen. Aber immer noch vernimmt man in den gängigen „Branchenveranstaltungen“ die ewig gleichen Diskussionen rund um Argumente wie „…das Internet ist ohnehin nur etwas für Digital Natives…“, „…ich habe keine Zeit mich da einzuarbeiten…“, „…ich nutze selbst kein Facebook, Twitter, Instagram, [you name it], also ist das für meine Zielgruppe auch nicht sinnvoll…“, „…komplexe Wissenschaft kann man nicht auf Youtube vermitteln…“, und so weiter. Sehr vertraut ist einem auch die ewige und mittlerweile fast bedenkenträgerisch „mantraisierte“ Frage nach dem ROI. Genau diese Frage, die ja eigentlich aus einer unternehmenslenkerischen Motivation heraus gestellt wird, wird meines Erachtens nicht selten vorgeschoben, um sich mit manchen Themen gar nicht erst tiefergehend beschäftigen zu müssen. Das Ergebnis jedenfalls ist, dass diese Frage, wenn sie schon in frühen Phasen abwehrhaltungsartig vorgeschoben wird, nicht selten jegliche Vorhaben schon im Keime erstickt. Viel schlimmer noch, sie nimmt den Mitarbeitern die Motivation überhaupt kreative Energie in die Entwicklung neuer Ideen zu stecken. Und das ist grausam!
Daher kann ich nur immer wieder den ewig gleichen Aufruf fordern, den ich natürlich auch sehr gern als Forderungen formuliere:
- Traut Euch!
- Nutzt eine der essentiellen wissenschaftlichen Methoden: experimentiert!
- Habt Spaß!
- Wenn irgendetwas nicht auf Anhieb oder gar nicht funktioniert, steht dazu! Scheitern ist ein der Wissenschaft inhärenter Prozess! Das transparent zu tun, steigert nur Eure Authentizität!
- Versucht Euch neue Zielgruppen zu erschließen!
- Unterschätzt bestehende Zielgruppen nicht!
- Habt Spaß!
- Geht nicht blauäugig an die verschiedenen Kommunikationsformen, Kanäle, Medien, oder Formate heran, sondern investiert etwas Zeit, um Euch damit vertraut zu machen und zu entdecken wie Ihr und Eure Organisation in den Kanälen Mehrwerte schaffen könnt!
- Schaut in Euren eigenen Reihen und Häusern, ob es begeisterungsfähige Menschen für die Kommunikation im Netz gibt, anstelle Euch bei großen xyz-Agentur für viel Geld eine Schubladenlösung zu kaufen. Es ist natürlich überhaupt nicht verwerflich sich Unterstützung aus Agenturen zu holen – aber nehmt Eure eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit auf diesen Weg!
- Habt Spaß!
Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich das hier sehr einfach und überspitzt formuliere. Ich will damit auch nicht respektlos erscheinen. Und es ist mir ebenso bewusst, dass nicht jede Wissenschaftsorganisation jeden Kommunikationsweg im Netz für jedes Projekt nutzen muss! Was ich bloß grundsätzlich sagen will ist, dass Ihr Euch Chancen vergebt, wenn Ihr das Medium Internet und seine Möglichkeiten für Euch nicht ausführlich auslotet! Es gibt Organisationen die das tun, und zwar sehr gut tun. Diese erhalten die Aufmerksamkeit, speziell einer sehr wichtigen Zielgruppe die für alle Wissenschaftsorganisationen gleichermaßen wichtig sein sollte: Nachwuchs!
Also beschäftigt Euch damit und startet zumindest Versuchsballons! Sonst tun es andere und ziehen im Zweifel an Euch vorbei!
Ach ja, ich habe zwar nicht so viel Zeit, aber Ihr wollt Beispiele für tolle Wissenschaftskommunikation im Netz? Hier kommen einige die mir da spontan einfallen:
Audio
- der Raumzeit-Podcast von ESA und DLR
- der Resonator-Podcast der Helmholtz-Gemeinschaft
- der Karlsdialoge Podcast aus der Karlshochschule
- der omega tau Podcast
- viele, viele andere private Wissenschaftspodcast, von denen man einige hier bei der Hörsuppe aufgelistet findet (auch ich mache ja zwei wissenschaftsbezogene Formate)
Video
- Das Curiosity-Video „Challenges of Getting to Mars: Curiosity’s Seven Minutes of Terror“ von JPL/NASA, weil es unglaublich dicht erzählt ist – spannend, ohne an wissenschaftlicher Qualität zu verlieren.
- Vom Royal Observatory Greenwich gibt es „Measuring the Universe“ – dieser Animationsfilm führt leicht verständlich das komplizierte, weil nur schwerlich vorstellbare Größenverhältnis des Universum vor.
- Ein großartiges, sehr simples Meta-Wissenschaftsvideo kommt von Kevin Zelnio und Mindy Weisberger, die über Twitter mit dem Hashtag #IamSciene fragten warum man Wissenschaftler ist (hier das Storify dazu). Die Antworten haben sie in einem Video zusammengetragen, das zwar selbst keine wissenschaftlichen Zusammenhänge erklärt, aber dennoch eine tolle Meta-Botschaft enthält.
- Das Umweltbundesamt hat ein Video zum Emissionhandel gemacht, das wirklich gut auch die thematischen Zusammenhänge von Emissionen, Ökosystem und wirtschaftspolitischen Systemen verdeutlicht.
- Schön gemacht finde ich auch „Transit of Venus“ von Lab Camera Action in dem Andrew Steele (Univ. of Oxford) den Venustransit erklärt.
Text
- das Hypothesis Blog-Netzwerk
- die Scienceblogs
- die Scilogs
- und zahlreiche private Blogs
Was all diese Dinge bringen? Öffentliche Information und Aufmerksamkeit seitens der Menschen die es sich zu erreichen vielleicht lohnt!
Also, wenn Euch dieses Thema interessiert, dann könnt Ihr Euch noch zum 3. SciCamp anmelden. Das könnt Ihr ganz einfach entweder direkt auf der SciCamp-Website (dort gibt es übrigens auch die Dokumentationen der ersten beiden SciCamps) oder in dem dazugehörigen Facebook-Event.
Ich jedenfalls freue mich auf den Austausch, besonders auf den Austausch abseits der bedenkenträgerisch geführten Debatte, dafür lebhaft anhand toller Beispiele! Wir sehen uns dort!
Lieber Matthias,
ich bin absolut deiner Meinung und habe die Erfahrung gemacht, dass überspitzt absolut notwendig ist, um neue Ideen zu vermitteln : ) Ich werde am Samstag auch da sein und bin schon gespannt auf neue Ideen und tolle Diskussionen!
Liebe Grüße,
Kristin
Hi Kristin!
Stimmt, manchmal brauchen Menschen eine eher provokant formulierte Aussage, um sich aus ihrem vielleicht üblichen Argumentationskorsett herauszuschälen und freier zu diskutieren, oder gar befreiter mit ihren Ideen umzugehen.
Danke Dir für Deinen Kommentar!
Bis zum Samstag!
Hallo Matthias,
ich würde ja denken, dass das öffnen solcher Kanäle durch eine Institution eigentlich nur positiv wirken kann, sei es um Offenheit zu demonstrieren, Interesse zu wecken oder eine öffentliche Möglichkeit zur Weiterbildung zu schaffen…
…und die von Dir erwähnten, existierenden Formate bilden ja guten Vorlagen, da muss kein potentieller Sender das Rad neu erfinden
Insofern…gutes Statement!
Viele Grüße
Kost